Elterngeld

Die geplante Streichung des Elterngeldes für Besserverdiener hat der Debatte über Gleichberechtigung von Männern und Frauen einen neuen Schub verliehen. Kritiker bemängeln, dass der Beschluss vor allem auf den Schultern von Arbeitnehmerinnen ausgetragen wird. Alles über die Neuregelung und die Hintergründe und wie Arbeitgeber die Situation Ihrer weiblichen Angestellten stärken können.

Artikel vom 26. Juli 2023

None

Bund streicht ab 2024 das Elterngeld für Besserverdiener 

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat sich auf die Fahne geschrieben, im kommenden Jahr die Schuldenbremse einzuhalten und nach Einsparpotenzialen gesucht. Eine Sparidee: Gut verdienende Eltern sollen künftig kein Elterngeld mehr beziehen.  

Das Elterngeld fängt nach der Geburt eines Kindes einen Einkommensverlust für Alleinerziehende oder Paare auf, die ihre berufliche Arbeit für die Betreuung des Nachwuchses unterbrechen oder einschränken. Bislang erhielten besserverdienende Mütter oder Väter bis zu einem gemeinsamen Jahreseinkommen von maximal 300.000 Euro 65 Prozent ihres bisherigen Lohns. Eltern in niedrigeren Gehaltsklassen erhielten bis zu 100 Prozent.  

Was sich beim Elterngeld ändert 

Das ändert sich im nächsten Jahr: Ab dann sollen nur noch Eltern bis zu einem gemeinsamen Maximaleinkommen von 150.000 Euro Elterngeld erhalten. Von dieser Neuregelung sind rund 60.000 Familien betroffen. Sie müssen in der Elternzeit mit nur einem Einkommen auskommen oder von Ersparnissen leben.  

Dafür hakelte es von verschiedenen Seiten Kritik. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Elke Hannack, merkte laut der Online-Ausgabe der Welt an: „Jetzt das Elterngeld zusammenzustreichen, ist nichts anderes als gleichstellungspolitischer Irrsinn. Junge Frauen, die – viel zu oft unter großen Mühen – eine teure Ausbildung absolviert haben, werden sich gegen Kinder und für ihren Beruf entscheiden.“  

Kritische Stimmen bezüglich der Kürzung des Elterngelds 

Ganz ähnlich fiel die Reaktion von Unionsfraktionschef Friedrich Merz aus. Aus seiner Sicht schränkt die Neuregelung bei der Vergabe des Elterngelds die Möglichkeiten für viele Familien spürbar ein - vor allen in großen Städten mit hohen Lebenshaltungskosten.  

Während die Jungen Liberalen die Einsparungen derweil als eine „schallende Ohrfeige“ für karriereorientierte Frauen und Männer werteten, die Eltern werden wollten, meldete sich auch der Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Christian Dürr Dürr, zu Wort. Er hält es ebenfalls für falsch, beim Elterngeld zu sparen. Das gelte insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung von Mann und Frau in der Familie.  

Frauen sind am ehesten von der Streichung betroffen 

Realiter dürfte die Elterngeldkürzung tatsächlich vor allem Frauen betreffen, da sie einen Großteil der Familienarbeit und Kinderbetreuung übernehmen und gerade im ersten Jahr oft ganz mit dem Job pausieren. Mit der Streichung des Elterngelds ab einer gewissen Einkommenshöhe sind gut ausgebildete Frauen während der Elternzeit gänzlich von ihren Partnern abhängig, was von Kritikern als Rückfall in alte Rollenbilder wahrgenommen wird.  

Hinzu kommt, dass Frauen wegen der beruflichen Auszeit ohnehin Nachteile in Kauf nehmen. Nicht selten wirkt sich eine mehrmonatige Pause im Job und die sich häufig dran anschließende Arbeit in Teilzeit negativ auf die Karriereentwicklung aus. Dabei ist der Arbeitsmarkt in Zeiten des Fachkräftemangels auf gut ausgebildete Frauen stärker denn je angewiesen. Daher sollte die Position von Frauen eher gestärkt denn geschwächt werden.  
 

Das könnte Sie auch interessieren:

Fördermaßnahmen für mehr Chancengleichheit 

Um solche Ungleichheiten zu bekämpfen, werden in anderen Ländern längst Maßnahmen ergriffen, um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Auch Arbeitgeber beteiligen sich mit finanziellen und nicht monetären Förderungen, die insbesondere Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, daran. Vielleicht könnte die eine oder andere Maßnahme gerade jetzt auch Vorbild für hiesige Unternehmen sein, um diese essentielle Arbeitsmarktressource zu stärken. 

Hier sind einige Beispiele für finanzielle Unterstützungsmaßnahmen, die von Unternehmen während der Elternzeit angeboten werden könnten: 

  • Zusätzliches Elterngeld, das Eltern während der Elternzeit finanzielle Unterstützung bietet.  
  • Ein Elternzeit-Bonus als Anerkennung für die Entscheidung, sich aktiv um die Kinderbetreuung zu kümmern. 
  • Zuschüsse zur Kinderbetreuung, um Eltern die Deckung der Betreuungskosten zu erleichtern und eine frühe Rückkehr in den Job zu ermöglichen.  
  • Einige Unternehmen zahlen während der Elternzeit bestimmte Zusatzleistungen, wie zum Beispiel die betriebliche Altersvorsorge, um den finanziellen Verlust für Eltern zu minimieren. 
  • Unternehmen können ein flexibles Gehaltsmodell einführen, das es Eltern ermöglicht, einen Teil ihres Gehalts vor Geburt des Kindes aufzusparen und während der Elternzeit auf mehrere Monate zu verteilen. Dadurch kann das Einkommen auch während der Auszeit aufrechterhalten werden. 
  • Unternehmen können Rückkehrprämien gewähren, um Mitarbeiterinnen zu ermutigen, nach der Elternzeit früher in den Job zurückzukehren. 
  • Unternehmen können Sonderzahlungen, wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, anteilig während der Elternzeit gewähren, um die finanzielle Situation der Eltern zu verbessern. 

Nicht monetäre Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung:  

  • Flexible Arbeitszeitmodelle, die es beiden Elternteilen ermöglichen, ihre Arbeitszeiten an die Bedürfnisse der Kinderbetreuung anzupassen und nach möglichst kurzer Pause wieder in den Beruf einzusteigen. Dies könnte beispielsweise Teilzeitarbeit, Gleitzeit oder Homeoffice-Möglichkeiten umfassen. 
  • Unternehmen können Programme anbieten, die Eltern bei der Bewältigung ihrer familiären Verpflichtungen unterstützen, sei es durch Beratung, Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder Hilfe bei der Suche nach geeigneten Betreuungseinrichtungen. 
  • Maßnahmen, um die Väterbeteiligung an der Elternzeit zu fördern und eine aktive Rolle der Väter in der Kinderbetreuung zu unterstützen. Dies könnte durch Sensibilisierungskampagnen, Workshops oder finanzielle Anreize geschehen. 
  • Unternehmen sollten sicherstellen, dass sowohl Mütter als auch Väter die gleichen Chancen haben, in ihrer Karriere voranzukommen, unabhängig von ihrer Elternrolle.  
  • Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter über die Bedeutung der Gleichberechtigung von Eltern informieren und Schulungen anbieten, um Stereotypen und Vorurteile in Bezug auf Geschlechterrollen und Kinderbetreuung zu bekämpfen. 
  • Mentoring-Programme, um Frauen in der Elternzeit zu unterstützen und sicherzustellen, dass ihre Karriere nach der Rückkehr nicht stagniert. 

Fazit 

Indem Unternehmen solche Maßnahmen ergreifen, können sie – unabhängig vom Staat - die Gleichberechtigung von Eltern stärken und eine positive Auswirkung auf das Leben ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Sie tragen auch dazu bei, dass Frauen und Männer gleichermaßen ihre beruflichen Ambitionen verfolgen können, ohne dass die Verantwortung für die Kinderbetreuung zu einer einseitigen Belastung wird.  

Der Vorteil für Unternehmen: Zufriedene, gebundene und loyale Mitarbeiterinnen, die sich mit voller Power einbringen. Und wenn Arbeitgeber auch noch in Stellenanzeigen über so viel Frauenfreundlichkeit reden, steigt deren Attraktivität auch noch gegenüber Bewerberinnen. Es lohnt sich.