Recruiting von Flüchtlingen aus der Ukraine

Wegen des Kriegs zwischen Russland und der Ukraine sind in den letzten Monaten tausende Menschen nach Deutschland geflüchtet. Viele von ihnen sind gut ausgebildet und suchen aktuell nach einem Job. Gleichzeitig leiden hierzulande viele Unternehmen unter den Auswirkungen des Fachkräftemangels. Was läge da näher, als Geflüchteten neue berufliche Perspektiven anzubieten? Aber was ist beim Recruiting von Flüchtlingen zu beachten? Das erfahren Sie in diesem Artikel.

Artikel vom 1. August 2022

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Zahlen, Daten, Fakten: Der Status Quo

Seit Februar haben tausende von Kriegsflüchtlingen die Ukraine verlassen. Allein in Deutschland wurden laut des Ausländerzentralregisters (AZR) über 900.000 Personen registriert. 97,3 Prozent von ihnen sind ukrainische Staatsbürger*innen und rund 65,7 Prozent von ihnen sind Frauen. Das Durchschnittsalter der Geflüchteten liegt bei 38 Jahren. 92 Prozent waren vor ihrer Flucht berufstätig oder in Ausbildung.

Gleichzeitig fehlen in Deutschland Arbeitskräfte. Aktuell ist laut Bundesagentur für Arbeit die Rekordzahl von rund 560.000 Stellen unbesetzt. Flüchtlingen aus der Ukraine Jobs anzubieten, würde also beiden Seiten helfen – den Betroffenen und Unternehmen. Aber geht das so einfach?

Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge aus der Ukraine

Tatsächlich legt der deutsche Staat Unternehmen, die Flüchtlinge aus der Ukraine rekrutieren wollen, keine Steine in den Weg. Die einzige Voraussetzung: Eine gültige Arbeitserlaubnis. Diese erhalten Betroffene aber recht unbürokratisch. Ein Vermerk der Ausländerbehörde in der Aufenthaltsgenehmigung, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist, reicht.

Allerdings können zwischen dem Antrag und der Bewilligung einer Aufenthaltsgenehmigung mehrere Wochen liegen. Laut des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) können Geflüchtete aber schon in der Zwischenzeit einer Arbeit nachgehen. Dafür stellen die Ausländerbehörden bei der Antragstellung so genannte Fiktionsbescheinigungen aus, die eine direkte Arbeitsaufnahme ermöglichen.

Keine Vorrangprüfung bei Ukraine-Flüchtlingen

Ein weiterer Punkt erleichtert das Recruiting von Flüchtlingen aus der Ukraine. Normalerweise unternimmt die Arbeitsagentur bei geflüchteten Personen aus einem Nicht-EU-Staat eine "Vorrangprüfung". Das heißt, dass die Behörde abgleicht, ob eine freie Stelle nicht vorrangig mit einer Bewerberin oder einem Bewerber aus Deutschland oder einem anderem EU-Land besetzt werden könnte. Im Falle der Geflüchteten aus der Ukraine entfällt die Vorrangprüfung jedoch.

Auch in rechtlichen Dingen sind Menschen aus der Ukraine deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gleichgestellt. Sobald Betroffene eine Stelle bei einem deutschen Betrieb annehmen, gelten für sie die gleichen Regelungen. Es besteht von Anfang an Anspruch auf Kündigungs- und Arbeitsschutz, Mindestlohn und Urlaub.

3 Tipps für ein erfolgreiches Recruiting und Onboarding von Geflüchteten

Wenn es um die Rekrutierung von geflüchteten Personen aus der Ukraine geht, zeigt sich Deutschland unterm Strich wirklich von seiner unbürokratischen Seite. Das ist schon mal gut. Sie denken darüber nach, Ihr Recruiting stärker auf Geflüchtete auszurichten? Dann sollten Sie dabei noch ein paar soziale und psychologische Dinge beachten. Wir haben 3 Tipps für Sie zusammengestellt, damit Ihre Stellenanzeigen auch wirklich die richtigen Personen erreichen und Begeisterung wecken.

#1 Schalten Sie Stellenanzeigen so, dass sie gefunden werden

Viele Geflüchtete sind der deutschen Sprache nicht gut oder gar nicht mächtig. Sie sprechen aber in der Regel Englisch. Wenn Sie die Zielgruppe also mit Ihren Stellenanzeigen zuverlässig erreichen wollen, sollten Sie diese in Englisch verfassen. Das erhöht die Chance auf einen Recruiting-Erfolg ungemein. Noch wertschätzender ist es jedoch, Jobinserate in der Landessprache zu schreiben, im besten Fall in kyrillischer Schrift.

#2 Bieten Sie aktive Hilfe an

Wichtig ist außerdem, geflüchteten Menschen das Ankommen in der neuen Heimat zu erleichtern. Viele von ihnen sind durch die Erlebnisse der letzten Wochen und Monate zutiefst traumatisiert. Umso mehr überzeugen Arbeitgeber, die in ihren Stellenanzeigen aktive Hilfe anbieten, sich besser einzuleben.

Es gibt so viele Dinge, die Sie tun können. Unterstützen Sie bei Behördengängen oder bei der Wohnungssuche - viele Geflüchtete leben ja derzeit in Notunterkünften. Bieten Sie auch Deutschkurse und psychosoziale Unterstützung durch Sozialarbeiter und Psychologen an. So bauen Sie von Anfang an Vertrauen auf.

#3 Achten Sie auf ein kulturelles Onboarding

Andere Länder, andere Sitten. Damit sich Geflüchtete schnell in Deutschland zuhause fühlen, ist es das A und O, dass sie die deutsche Kultur und gängige Verhaltensweisen kennenlernen. Vieles mag ihnen zu Beginn fremd erscheinen, weil sie es anders gewohnt sind. Das birgt den Stoff für Missverständnisse und Konflikte.

Ein besseres Verständnis entsteht, wenn Sie Flüchtlingen während des Onboardings nur die deutsche Kultur nahebringen. Kleiner Tipp: Bieten Sie für Ihre bestehende Belegschaft zusätzlich Informationen über die Ukraine an. Das ist gelebte Völkerverständigung. Sprechen Sie auch über dieses Vorhaben in Ihren Stellenanzeigen und bringen auf diese Weise Ihre Wertschätzung zum Ausdruck.

Fazit

Der deutsche Staat erleichtert es Unternehmen und geflüchteten Personen aus der Ukraine miteinander zu arbeiten. In vielen Fällen könnten auf diese Weise langfristige Arbeitsbeziehungen entstehen. Denn für viele Flüchtlinge ist der Aufenthalt in Deutschland keine Übergangslösung. Etwa die Hälfte der geflüchteten Ukrainer*innen möchten hier eine neue Heimat finden. Wenn das mal keine Win-Win-Situation ist.

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